Erholsam verreisen mit Babys und Kleinkindern – Interview mit Michaela Weissert

Raus aus dem Alltagstrott, andere Gegenden sehen, andere Menschen treffen, Abenteuer erleben, das bringt oft Energie und Klarheit. Sei es ein kleiner Ausflug zu Freunden zwei Straßen weiter, ein Besuch von Verwandten ein paar hundert Kilometer entfernt oder eine Auslandsreise.

Ein Urlaub oder eine kleine Unternehmung kann aber auch unangenehmen Stress auslösen. Ich bin schon oft lieber zu Hause geblieben, weil mir allein die Planung zu viel war. Wie sollte ich da noch Kraft und Nerven aufbringen für eine Fahrt mit kleinen Kindern? Egal ob zehn Minuten oder fünf Stunden.

Unterwegs sind wir meist außerhalb unserer gewohnten Umgebung. Möglicherweise fallen Routinen weg, wir können Situationen und Launen nicht so gut vorhersehen wie zu Hause. Oft sind wir unterwegs auch abhängig von anderen Menschen und weiteren Einflüssen. Das alles kann sich riskant anfühlen und anstrengend und nicht der Mühe wert.

Dabei fühlen sich so viele Mütter einsam und sehnen sich nach mehr Verbindung zu anderen Menschen. Ich bin auch längst nicht allein, wenn ich mich als Mutter kleiner Kinder zu Hause langweile, obwohl ich eigentlich schon fast zu viel los ist in den eigenen vier Wänden … und im eigenen Kopf.

Urlaub und Unternehmungen sollen uns im besten Fall Spaß und Erholung bringen. Freunde und Familie treffen, Zeit draußen verbringen, mal nicht erreichbar sein, all das kann sehr gut tun und Energie schenken.

Wie bewahre ich mir als Mutter von Babys oder Kleinkindern Unternehmungslust und die Freude am Reisen? Was kann ich tun, dass ich erholter und nicht als Wrack wieder nach Hause komme?

Diese Fragen beschäftigen mich. Und deswegen freue ich mich, dass ich die reiselustige Mama   Michaela Weissert interviewen durfte.

Michaela hat vier Kinder, was sie noch nie vom Reisen abgehalten hat — im Gegenteil! 

Michaela über das Reisen als Familie mit kleinen Kindern 

Was spricht dafür, mit Babys oder kleinen Kindern auf Reisen zu gehen?

Raus aus dem Alltag, raus aus der gewohnten Umgebung. Das tut der ganzen Familie gut. Quality time mit der Familie zu haben ist wichtig. In einer neuen Umgebung kannst du das auch ganz anders genießen. 

Ich bin davon überzeugt, dass das Reisen den Kindern guttut. Nach jeder Reise merke ich bei meinen Kindern eine Weiterentwicklung, ein „über sich hinauswachsen“. Das alles kann ich bei den größeren Kindern sehr gut beobachten. Auch für Babys und Kleinkinder hat das Reisen diesen Effekt. Durch die neuen Eindrücke lernen sie mehr kennen und entwickeln sich weiter. 

An welche Situationen auf Reisen mit kleinen Kindern erinnerst du dich besonders gerne?

Es gibt viele schöne Erlebnisse, an die ich mich zurückerinnere. Was bei uns allerdings immer ein Highlight ist: wir laufen in die Ferienwohnung und die Kids sind Feuer und Flamme, schauen sich in den Zimmern um, sichern sich „ihre“ Betten. Oder: wir kommen an einen neuen Ort und erstmal geht es auf Entdeckungsreise. Das Leuchten den Augen der Kinder ist unbezahlbar. Plötzlich schäumen sie über vor Ideen und können keine Minute stillsitzen. 

Es ist vor allem das Staunen in den Augen der Kinder. Ihre Reaktion auf die neue Umgebung und das, was sie von der Reisen mitnehmen. Ich weiß einfach schon vor der Ankunft, dass wir bzw. sie wieder so viel mit nach Hause bringen werden. 

Ein Beispiel von unserem Skiurlaub. Mein fünfjähriger Sohn malt sehr selten. Durch die neue Umgebung, die neue Erfahrung im Skikurs, sein „sich trauen“ alleine mit fremden Kindern in den Skikurs zu gehen, hat so viel in ihm freigesetzt, dass er gleich 5!! Bilder gemalt hat. 

Auch bei kleineren Kindern beobachte ich dieses „über sich hinaus wachsen“. Die neugierigen Augen voller Wissensdurst, bereit Neues zu entdecken. Das finde ich unbezahlbar. 

Mich macht es glücklich, den Kindern die Welt jenseits von „zuhause“ zu eröffnen und sie Erfahrungen machen zu lassen. Egal in welchem Alter. Es ist so wertvoll. 

Natürlich gibt es auch die ein oder andere Situation, an die ich mich gerne zurückerinnere. Das war zum Beispiel in Schweden am See von unserem Campingplatz in den See mit glasklarem Wasser zu steigen. Die Kinder konnten es genauso wenig greifen wie ich. Es war magisch. 

Wie kann ich mich auf eine Reise mit Babys oder Kleinkindern vorbereiten, sodass Spaß und Vorfreude überwiegen?

Die Frage der Fragen. Aus meiner Sicht ist die Vorbereitung immens wichtig. Die Wahl des Reiselandes, die Wahl der Unterkunft sind SEHR wichtige Faktoren für einen gelungene Reise. Es ist wichtig, dass du dein Baby/Kleinkind kennst. Dass du weißt, welche Strecken Autofahrt du ihm zumuten kannst. Wie viele Stunden Flug. Was DU dir zutraust. Denn, wenn du entspannt bist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es auch dein Kind / deine Kinder sind. 

Ja, Reisen sprengt manchmal die eigene Komfortzone. Überlege dir genau, wie weit du deine verlassen kannst, damit du noch genug Kapazität hast auf die Kids zu achten. Und dann: worauf hast DU Lust? Du kannst dir Unterstützung für die Reiseplanung holen, oder sie selbst in die Hand nehmen. 

Hole dir Unterstützung, wenn du dir bei manchen Punkten unsicher bist. Ich habe letztes Jahr einen Artikel zur Frage „Welcher Urlaub passt zu meiner Familie?“ geschrieben. Den findest du hier. Aufs Packen kannst du dich auch vorbereiten. Dazu mehr in der Antwort zur nächsten Frage.

Außerdem ist es hilfreich dir deine Bedenken vorher anzuschauen. Sind sie berechtigt? Was ist das Schlimmste, was passieren kann? Was kann ich tun, wenn das und das eintritt? Wenn du einen Plan für den Ernstfall hast, ist alles leichter. Suche das Gespräch mit Freunden, die schonmal eine Reise mit Kind „gemeistert“ haben. Da werden manche Bedenken gleich zu Anfang aus dem Weg geräumt und du kannst dich auf das Wesentliche konzentrieren.

Welche Besonderheiten gibt es beim Planen und Packen der Reise mit Kleinkindern zu beachten?

Die große Besonderheit, wenn du mit Kindern verreist, ist, dass du weitere Bedürfnisse hast, die du im Blick behalten solltest. In der Frage oben bin ich schon teilweise darauf eingegangen, was du dich im Vorfeld fragen kannst, damit die Reise gelingt. Hier geht es um die Bedürfnisse deiner Familie, die du kennst, oder erstmal ermittelst, damit du bei der Wahl des Reiseortes, der Unterkunft und der Reiseart genau weißt, was du brauchst und dir wünschst. Bei der Unterkunft können das sein, eine Spülmaschine, damit du nicht selbst spülen musst oder ein Familienbett, da du zuhause auch eins besitzt und auf der Reise nicht darauf verzichten möchtest. 

Zum Packen habe ich mal einen Blogartikel geschrieben, „So packst du zeitsparend und hast alles Wichtige dabei“. Darin geht es um die Vorbereitung aufs Packen. Schau dir an, was du und deine Kinder in einer Woche an Kleidungsstücken anziehen und packe entweder für eine Woche und wasche auf der Reise, oder packe gleich für zwei Wochen. Je nachdem wie lange du gehst und wie viele Kleidungsstücke du besitzt. Gerade bei Kleinkindern, die schnell wachsen, kann es auch nötig sein ein neues Kleidungsstück für die Reise anzuschaffen, was ihr weniger nutzt und womöglich schon zu klein ist, wie Badeanzug oder Sonnenhut. Schau frühzeitig danach und schreibe es dir auf, oder besorge es gleich. 

Ich habe den Eindruck, dass Packen bei vielen Familien so richtig die Vorfreude trübt. Deshalb ist es ein wichtiges Thema. Sei dir bewusst, was du wirklich unbedingt brauchst. Mit weniger „Ballast“ reist du leichter und was die Spielsachen angeht, da nimmst du einfach das momentane Lieblingsspielzeug mit. Am wichtigsten sind die Spielsachen für die Anreise im Auto, Flugzeug oder Wohnmobil. Je nachdem. Während des Urlaubs gibt es meist so viel Neues, dass das Spielzeug kaum bespielt wird und meistens sind Alltagsgegenstände sowieso die besten Spielsachen, oder? 😊 

Zum Packen empfehle ich eine Packliste. Diese kannst du schon in den Wochen vor der Reise anfangen zu schreiben. Auf meiner Website findest du auch einen Packlistenvorschlag.

Welche Empfehlungen hast du für Zugfahrten mit Babys oder Kleinkindern?

Das Zugfahren hat einige Vorteile gegenüber dem Auto. So ist die direkte Zuwendung und Körperkontakt mit deinem Kind beim Zugfahren möglich. Das kann bei Babys und Kleinkindern Wunder wirken. Außerdem kannst du dich mit deinem Kind bewegen, wenn nötig. Bei Babys sinnvoll, wenn sie nicht in den Schlaf finden und bei Kleinkindern einfach zum „Füße vertreten“. In ICE, EC oder IC Zügen kannst du auch ein Kleinkindabteil buchen. Das entspannt deine Fahrt zusätzlich.

Je weniger Gepäck du dabeihast, desto besser. Wie wahrscheinlich auf jeder Reise. Sperriges und schweres Gepäck ist hinderlich und wenn du mit Baby und Kleinkind reist, ist auch jeder Erwachsene mit einem Kind beschäftigt. Da lohnt es sich über die Möglichkeit des Gepäckservices nachzudenken. Hier kannst du Gepäckstücke zu deinem Urlaubsort versenden. Das geht innerhalb Deutschlands und in die Nachbarländer Luxembourg, Niederlande, Frankreich, Österreich, die Schweiz und nach Südtirol. Praktisch für’s übrige Gepäck sind Rucksäcke, in denen du alles Wichtige, was du während der Fahrt brauchst, griffbereit hast. 

Als Beschäftigungsmöglichkeit bieten sich beim Kleinkind Bücher zum Vorlesen an. Quiet-books eignen sich auch gut. Ich empfehle gerne großes Spielzeug oder Spielzeug mit wenig Kleinteilen. Das Aufsammeln im Zug, wenn die Kleinteile mal runtergefallen sind, macht nicht so viel Freude. 

Wie kann ich mit Kleinkindern am Urlaubsort sicher mobil sein, wenn wir nicht mit dem eigenen Auto unterwegs sind?

Generell kannst du den öffentliche Nahverkehr wie den Bus gut nutzen. Hier musst du dich allerdings an den Fahrplan halten und unbedingt vorher recherchieren, ob und wie oft es da Verbindungen gibt. Je nach Land kann das Schwierigkeiten bereiten. Alternativ dazu kannst du, wenn es die Gegebenheiten zulassen, Fahrräder mit Anhänger mieten oder ein Auto mit Kindersitz.

Das Mietauto ist dann sinnvoll, wenn du eine längere Strecke zu fahren hast. Das haben wir tatsächlich einmal auf Mallorca mit unserer damals einjährigen Tochter gemacht, als wir in die Berge gefahren sind. Es gibt auch spezielle Reise-Kindersitze. Diese lohnen sich aber nicht in der Anschaffung, wenn du sie nur für einen Urlaub in Gebrauch hast. Außerdem ist es natürlich zusätzliches Gepäck.

Was kann ich tun, dass wir als Familie mit Baby oder Kleinkindern unterwegs gut schlafen können?

Das ist eine gute Frage und ein heikles Thema. Denn, wenn die Nächte nicht erholsam sind, sind die Tage meist anstrengend. Mittlerweile gibt es Unterkünfte mit Familienbett. Wenn du zuhause ein Familienbett hast, kannst du ganz gezielt auf der Website nach Unterkünften mit Familienbett suchen. Gerade bei Babys und Kleinkindern ist es wichtig, dass ein Erwachsener in Reichweite schläft. 

Babys schlafen meistens bei den Eltern. Aber auch in der Kinderwagenwanne oder Gitterbett ist es möglich. Wie auch zuhause soll das Rausfallen verhindert werden. Komplizierter wird es, wenn du mit Baby und Kleinkind reist. Hier musst du kreativ werden, wenn du kein großes Bett zu Verfügung hast. 

Als unsere Kinder klein waren (Baby und Kleinkind), haben wir uns aufgeteilt und jeder Erwachsene hat bei einem Kind geschlafen. Wir haben schon ein Matratzenlager gebaut oder einzelne Matratzen in unser Schlafzimmer gelegt. Wichtig ist einfach, dass dein Kind nicht raus- oder runterfallen kann. Ist dein Kind es gewöhnt im Gitterbett zu schlafen, dann kannst du im Ferienhaus nachfragen, ob eines vorhanden ist. Das ist mittlerweile fast überall möglich. Wir fragen meist nach einem Gitterbett und unser Baby/Kleinkind schläft dann die erste Nachthälfte meist im Gitterbett. 

Damit es die kleinen Kinder einfacher haben einzuschlafen bzw. wieder einzuschlafen, wenn sie aufwachen, haben wir immer ein Moltontuch dabei, welches wir über die Matratze spannen. Für Kinder, die stark auf fremde Gerüche reagieren, ist das sinnvoll, denn es hat einen gewohnten Geruch. Hast du nichts zur Hand, tut es auch dein T-Shirt.

Welche Tipps hast du, um den Urlaub mit kleinen Kindern für alle möglichst erholsam und entspannt zu verbringen?

Damit der Urlaub für alle entspannt abläuft, empfehle ich, den Tag nicht zu voll zu packen. Am Tag nach der Ankunft kannst du mit den kleinen Kindern einfach erstmal ankommen. Einen Spaziergang machen und an die neue Umgebung gewöhnen. Gestalte den Tagesablauf erstmal ähnlich wie daheim. Taste dich ran, was du deinem Kind zumuten kannst. Schau, worauf DU Lust hast. Weniger ist da mehr. Da möchte ich hinzufügen, dass jedes Kind anders ist und du dein Kind am besten kennst.  

Was möchtest du reiselustigen Eltern kleiner Kinder noch mitgeben? 

Trau dich und mach dir nicht zu viele Gedanken, was alles passieren könnte und was du vergessen haben könntest. Es könnte gut werden! Es ist gut, diese Eventualitäten vorher einmal durchzuspielen, damit du einen Plan für den Ernstfall hast (gerade Krankheit der Kids z. B.). Danach kann die Vorfreude starten. Orientiere dich am bedürftigsten eurer Familie. Wenn es den Kleinsten gut geht, geht es allen gut. Hab eine schöne Reise.

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Mehr zu lesen von Michaela zum Thema Reisen als Familie gibt es auf ihrer Website und bei Instagram.

Möchtest du Unterstützung bei der Planung oder Vorbereitung deiner Familienreise? Michaela hilft dir gerne dabei.

Welche Reiseerfahrungen mit kleinen Kindern magst du mit uns teilen? Wir sind gespannt!

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